Pfarrer Mader übergibt die Thora-Rolle

Görlitz erlebt ein kleines Wunder

Die Stadt erhält Teile der 1938 aus der Neuen Synagoge verschwundenen Thora-Rolle

Die Stadt Görlitz hat Teile der am 9. November 1938 aus der Neuen Synagoge verschwundenen Thora-Rolle für das Ratsarchiv erhalten. Sie wurden vom Vater des Kunnerwitzer Pfarrers Uwe Mader gerettet und über Jahrzehnte bei einer befreundeten Familie versteckt. Uwe Mader erfuhr von seinem Vater erst kurz vor dessen Tod Ende der 1980er Jahre davon und hat sich, inzwischen selbst 79 Jahre alt, nun entschlossen, diese historischen Dokumentteile dem Görlitzer Ratsarchiv zu übergeben und die damit verbundene Geschichte öffentlich zu machen.

Bei den Dokumentteilen handelt es sich um wichtige Abschnitte einer Thora-Rolle aus der Görlitzer Synagoge in der Otto-Müller-Straße, die in der Reichspogromnacht wohl in großer Eile mit einem scharfen Schneidwerkzeug herausgetrennt worden sind: Buch Genesis (1. Mose), Teile des Buches Numeri (4. Mose 35, 32 – 36,13) sowie Teile des Deuteronomiums (5. Mose 1,1 – 11,6a – 10 Gebote).

In Absprache mit dem Überbringer, Pfarrer Uwe Mader, und in Anwesenheit von Ministerpräsident Michael Kretschmer wurden die Dokumentteile heute über die Medien der Öffentlichkeit vorgestellt.

Oberbürgermeister Octavian Ursu: „Wir sind sehr dankbar, dass wir solch einen wertvollen historischen Schatz für unser Ratsarchiv bekommen haben. Nach Inventarisierung und Aufarbeitung der mit den Dokumentteilen verbundenen Geschichte werden wir in enger Absprache mit jüdischen Vertreterinnen und Vertretern Sachsens eine Ausstellung der Thora-Teile für die Öffentlichkeit vorbereiten.“

Ministerpräsident Michael Kretschmer: „Die Teile der Thora-Rolle sind wie eine Tür in die Görlitzer Geschichte der vergangenen Jahrzehnte, die sich nun öffnet. Herzlichen Dank für das große Vertrauen von Pfarrer Mader und seiner Familie. Michael Kretschmer lobte Pfarrer Uwe Mader als eine "moralische Instanz" und betont, wie viel der Pfarrer durchgemacht habe. Wenn er jetzt Vertrauen in den Staat, in dessen Institutionen und in die Stabilität der Verhältnisse hat, dann bedeute das gerade in diesen Zeiten viel, wo die Gesellschaft so zerrissen ist.

Ratsarchivar Siegfried Hoche bezeichnete es als ein weiteres Wunder, welches die Stadt Görlitz in ihrer Geschichte erleben darf - in einer Reihe stehend mit der Nichtzerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg, der Altstadtmillion, der Bewahrung der Görlitzer Synagoge.

Den Artikel der Sächsischen Zeitung finden Sie HIER.


Text: Auszüge PM der Stadt Görlitz Fotos: Pawel Sosnowski